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Wenn der Winter krank macht
Hat das Immunsystem des Pferdes Schwachstellen, sei es durch Mängel in der Fütterung, die Belastung durch den Fellwechsel oder eine Vorerkrankung, werden diese in der nass-kalten Jahreszeit schonungslos aufgedeckt – das Tier ist weniger leistungsbereit, schwächelt oder wird ernsthaft krank. Bestehende Atemwegsprobleme können sich durch die winterliche Umstellung auf Stallhaltung und Heufütterung verschlimmern, empfindliche oder vorbelastete Haut ist empfänglicher für Pilzinfektionen oder Mauke, Pferde mit Arthrose leiden in der Kälte stärker unter Schmerzen.
Und wie wir Menschen, erkälten sich auch Pferde vor allem im Herbst und Winter. Das ist zum einen auf die tieferen Temperaturen zurückzuführen: Bei Kälte und Nässe überleben Viren leichter und haben damit eine höhere Chance, das Pferd zu infizieren. In geschlossenen Ställen, durch die kaum je ein Luftzug weht, bleiben Viren, aber auch Pilzsporen oder Ammoniakgase länger in der Luft und erhöhen das Infektionsrisiko respektive reizen die Atemwege. Auch wenn eine Erkältung harmlos klingt, ist sie es beim Pferd nicht: sie kann sich rasch zu einer chronischen Erkrankung der Atemwege entwickeln, was zu einer grossen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Pferdes führt.
Um die Abwehrkräfte zu stärken und Erkältungen, Atemwegsproblemen und einer Vielzahl weiterer Erkrankungen vorzubeugen, sollten in erster Linie die Haltungsbedingungen optimiert werden. Unabhängig davon, ob der Vierbeiner in einer Boxe oder einem Offenstall lebt, braucht er jeden Tag genügend Licht, frische Luft und Platz für freie Bewegung und nach Möglichkeit Kontakt mit seinen Artgenossen. Kann das Pferd seine natürlichen Bedürfnisse nicht ausleben, sorgt das für Stress, der sich negativ auf das Immunsystem auswirkt. Das gleich gilt für Stress durch häufige Stallwechsel, lange Transporte zu kräftezehrenden Wettbewerben, schlecht sitzende Ausrüstung, Schmerzen oder permanente körperliche Überforderung.
Dem Ausbildungsstand und Fitnesslevel des Pferdes angepasste Trainings, Ausritte und Spaziergänge in der Natur stimulieren hingegen das Immunsystem. Selbst bei moderater körperlicher Belastung werden Hormone ausgeschüttet, welche die Abwehrzellen dazu bringen, sich schneller zu vermehren.
Das Immunsystem über die Fütterung stärken
Pferde, die im Winter viel draussen an der Kälte sind und sich mit oder ohne Reiter intensiv bewegen, brauchen mehr Energie. Bei Offenstallpferde oder Pferden, die den ganzen Tag auf der Weide sind, rechnet man in der kalten Jahreszeit einem Mehrbedarf von rund 20 Prozent. Pferde sollten in der Winterzeit weder zu- noch abnehmen. Der Futterzustand des Pferdes ist dann optimal, wenn man seine Rippen durch das Fell spüren, aber nicht sehen kann. Eine ausgeglichene Energie- und Nährstoffbilanz ist die beste Grundlage für ein intaktes Immunsystem. Da das spärlich übrig gebliebene Gras in der kalten Zeit kaum noch Nährstoffe enthält, muss das Pferd diese im Winter durch genügend grosse Mengen an qualitativ hochwertigem Heu aufnehmen. Das Raufutter liefert Energie, Eiweiss und die für die Verdauung unerlässlichen Rohfasern. Für Pferde, die über Winter im Training bleiben und intensiv geritten werden, kann eine Zufütterung von Kraftfutter in Form von Hafer oder einer handelsüblichen Müesli-Mischung sinnvoll sein.
Auch in Bezug auf Mikronährstoffe wie Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, Amino- und Fettsäuren ist der Bedarf eines Pferdes sehr individuell und abhängig von seinem Alter, Rasse, Gesundheitszustand und der Intensität der Nutzung. Heutzutage liefern Gras und Heu nicht mehr alle Mineralien und Spurenelemente in der Menge, die vom Pferd benötigt werden, weshalb es eine gezielte Zufütterung braucht. Da die effektive Ermittlung des Bedarfs schwierig ist, lohnt es sich Futteranalysen vornehmen zu lassen und sich von einem auf Fütterung spezialisierten Tierarzt oder Fütterungsexperten beraten zu lassen. Denn wird das falsche oder zu viel Mineralfutter verabreicht, kann ein Überfluss an bestimmten Elementen die Aufnahme anderer behindern und es stellen sich Mangelzustände ein.
Wichtig ist eine ausreichende Versorgung des Pferdes mit Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium, Eisen, Kupfer, Zink, Selen und den Vitaminen A, D, E und allenfalls B. In Bezug auf das Immunsystem kommt dem Spurenelement Zink eine grosse Bedeutung zu. Eine ausreichende Versorgung (400 bis 600 mg/Tag) stärkt die Haut, die Fellbildung und unterstützt die Bildung weisser Blutkörperchen, ausserdem gibt es Hinweise darauf, dass Zink Infektionen wie Erklärungen oder Herpes schneller ausklingen lässt. Beta-Karotin, das in Karotten enthalten ist, und Mangan sind am Aufbau der Schleimhäute beteiligt. Die Vitamine B, C und E tragen ebenfalls zu einem starken Immunsystem bei. Vitamin C kann das Pferd zwar selber herstellen, bei geschwächten Abwehrkräften und im Krankheitsfall reicht die „Eigenproduktion“ jedoch oft nicht aus. Getrocknete Hagebutten enthalten fast zehnmal so viel Vitamin C wie Zitronen sowie eine ganze Reihe weiterer Vitalstoffe und werden von Pferden gerne gefressen. Auch Kräuter, die getrocknet unter das Futter gemischt oder als Tee verabreicht werden, stecken voller hochwertiger Nährstoffe und sekundären Pflanzenstoffe, die direkt oder indirekt das Immunsystem unterstützen. So schreibt man dem Sonnenhut (Echinacea) eine stärkende Wirkung auf das Immunsystem zu. Die Brennnessel ist ein natürliches Mineralkonzentrat, sie regt den Stoffwechsel an und ist harntreibend. Anis, Fenchel, Thymian, Eibisch- und Süssholzwurzel pflegen und schützen die Schleimhäute und beruhigen Husten und bronchiale Infekte. Kamille und Melisse haben antibakterielle Eigenschaften und wirken beruhigend bei Krämpfen und Blähungen oder können zur Kolikprophylaxe eingesetzt werden.
Copyright Text und Foto: Angelika Nido Wälty