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Esel sind nicht einfach Pferde mit langen Ohren, sie haben artspezifische Eigenheiten und Bedürfnisse, die sich von denen der Pferde unterscheiden.
Als Equiden werden Esel in der heute geltenden Tierschutz-gesetzgebung Pferden gleichgestellt. Die gesetzlichen Anforderungen an Haltung, Nutzung und Umgang sind im Tierschutzgesetz (TSchG) und in der Tierschutzverordnung (TSchV) unter dem Begriff Pferde verankert.
Alle Gesetzestexte, Richtlinien zu Haltungsbedingungen und weitere Publikationen sind auf der Homepage des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zu finden: www.blv.admin.ch
• Wer seit dem 1. September 2008 neu für die Haltung von mehreren Eseln verantwortlich ist, muss grundsätzlich über die gesetzlich geforderte Ausbildung verfügen. Personen, die mehr als fünf Equiden halten, müssen einen Sachkundenachweis vorweisen. Bei mehr als elf Equiden muss mindestens eine fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung mit einem praktischen und einem theoretischen Teil sowie einem Praktikum absolviert werden.
• Seit dem 1. Januar 2011 müssen Esel einen Equidenpass besitzen und auf www.agate.ch bei der Tierverkehrsdatenbank (TVD) registriert werden. Nach dem 1. Januar 2011 geborene Fohlen müssen zudem mit einem Mikrochip identifiziert werden; es sei denn, sie werden bis Ende Geburtsjahr geschlachtet.
• Wird ein Esel bei der TVD nicht als Heimtier deklariert, gilt er als Nutztier, und es muss ein Behandlungsjournal geführt werden. Die Deklaration als Heimtier kann nicht mehr rückgängig gemacht werden und führt zu Ein-schränkungen in der Verwertung und beim Verkauf des Fleisches für den menschlichen Verzehr.
Esel sind nicht jedermanns Sache. Es empfiehlt sich, auf Fachleute zurückzugreifen, welche Esel kennen und die Arbeit mit ihnen schätzen. Die Schweizerische Interessengemeinschaft Eselfreunde (SIGEF) führt Listen mit den Kontaktdaten von Tierärzten, Hufschmieden und Hufpflegern, die über Erfahrung im Umgang mit Eseln verfügen: www.eselfreunde.ch.
Weitere wertvolle Informationen über Esel findet man unter folgenden Internetadressen: www.zuerchertierschutz.ch/ tierhaltungsfragen/esel.html (D), www.amis-des-anes.ch (F) und www.thedonkeysanctuary.org.uk (E).
Unsere Hausesel (Equus asinus asinus) gehören zur Familie der Equiden, die alle pferdeartigen Tiere beinhaltet. Neben den domestizierten Hauspferden leben von ihren Verwandten noch das Przewalski-Wildpferd und die Zebras. Weitere nahe Verwandte der Untergattung Esel (Asinus) sind der Afrikanische Wildesel (Bild), der Asiatische Wildesel (der schnellste Equide der Welt mit 70 km/h Spitzengeschwindigkeit) und der Kiang, auch Tibet-Wildesel genannt. Viele Subspezies der Afrikanischen und Asiatischen Wildesel sind stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Gründe hierfür sind u. a. die starke Konkurrenz mit dem Menschen um natürliche Ressourcen, die Jagd und Kriege.
Esel wurden, wie das Pferd, vor etwa 6000 Jahren domestiziert; dies belegen Knochenfunde aus dem Nahen und Mittleren Osten. Lange vor dem Pferd war der Esel als Transportmittel den Reichen vorbehalten. Im 2. Jahrtausend v. Chr. wurden Esel über Marokko nach Spanien und Italien eingeführt. Die Römer sorgten in der Folge für eine Verbreitung über die Alpen in den Norden und Osten Europas. Der Hausesel hat den Menschen über Jahrtausende begleitet und sich weltweit verbreitet. Starke Populationen haben sich aber primär in trockenen Klimagebieten entwickelt.
Wildesel stammen aus trockenen und hügeligen Halb- und Steinwüsten mit sehr karger Vegetation. Sie haben sich im Laufe ihrer Evolution sowohl anatomisch als auch ethologisch optimal an eine unwirtliche Umgebung angepasst. Ihre langen Ohren helfen ihnen bei der Thermoregulation. Ihre kleinen, harten Hufe sind den steinigen Böden angepasst und gewähren eine hohe Trittsicherheit in unwegsamem Gelände. Der Esel ist ein wahrer Überlebenskünstler! Sein Verdauungsapparat ist auf die Verwertung von rauen Gräsern und Gestrüpp ausgerichtet. Zudem kann er auf seinen Wanderungen zu Wasserstellen bis zu drei Tage ohne Wasser auskommen.
Die Nutzung der Esel hat sich im Laufe der Geschichte nur wenig verändert. Sie werden besonders wegen ihrer Anspruchslosigkeit, Resistenz gegen Krankheiten, Ausdauer und Ausgeglichenheit geschätzt. Bis in die heutige Zeit finden sie ihren Einsatz als genügsame Zug-, Last- und Reittiere. Sie dienen vor allem in den Dritte-Welt-Staaten in der Landwirtschaft als Arbeits- und Transporttiere. In den westlichen Kulturen werden sie aufgrund der fortgeschrittenen Mechanisierung weniger im landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. Vielmehr füllen sie kleine Nischen im Bereich der Medizin, Therapie, Freizeitgestaltung sowie Milchproduktion.
In Afrika stieg gemäss statistischer Erhebungen der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO, 2013) die Anzahl der Esel in den Jahren von 1993 bis 2013 stetig an. Ein nur leichter Rückgang war von 2012 bis 2013 zu verzeichnen. In Asien sinkt die Anzahl der Tiere bis heute stetig, ebenso in Ost- und Südeuropa. In West- und Nordeuropa jedoch erlebte die Eselpopulation im Jahr 2008 einen abrupten Anstieg. Seitdem hält sich das Niveau bei circa 35 000 Individuen. Weltweit gesehen stiegen die Eselbestände bis 2012 auf circa 43,8 Millionen Tiere an. Bis 2013 sank die Anzahl jedoch wieder auf etwa 43,5 Millionen Tiere. Mit der Mechanisierung in der Landwirtschaft ist auch die Maultierzucht eingebrochen. Die Nutzung von Grosseselhengsten für deren Zucht geht dementsprechend ebenfalls zurück.
Erfreulicherweise ist hingegen in den letzten Jahren das Interesse an Eseln als Hobby- und Freizeittiere gestiegen. Eselfreunde haben sich zu Vereinigungen zusammengeschlossen. Zuchtauswahl und Rassezucht findet allerdings kaum statt, Kreuzungstiere sind die Regel. Ein Problem der Reinzucht bei den Eseln stellt die sehr schmale Zuchtbasis bei den meisten Eselrassen dar, die dazu führt, dass das Risiko der Inzucht steigt. In Europa werden heute rund 60 Eselrassen gezüchtet.
Der natürliche Lebensraum des Esels hat diesen geformt und geprägt. Steiniges, hügeliges Gelände kann der Esel mit seinen kleinen, festen Hufen gut bewältigen. Sein Sozial- und insbesondere sein Fluchtverhalten unterscheidet sich deutlich von dem der Pferde. Als Beutetier ist der Esel mit hochsensiblen Sinnesorganen ausgestattet. Erkennt er eine Gefahr, ergreift er aber nicht sofort die Flucht, sondern prüft die Bedrohung und verteidigt sich – im Notfall auch gegen Raubfeinde. Um seinen täglichen Energiebedarf zu decken, verbringt der Wildesel einen Grossteil des Tages mit der Futtersuche und -aufnahme und darf dabei, aufgrund der kargen Vegetation, nicht wählerisch sein. Das spärliche Futterangebot und insbesondere das knappe Wasser zwingen ihn zu langen Wanderungen.
Wildesel leben in Stuten- und Junghengstegruppen, was ihnen Schutz vor Raubfeinden gewährt. Der erwachsene Wildeselhengst begleitet die Stuten zeitweise, besetzt aber ein Paarungsterritorium, welches er vehement gegen Rivalen und Raubfeinde verteidigt. Die Kommunikation mit Artgenossen geschieht mittels Körpersprache, Mimik und Lautäusserungen. Der kilometerweit hörbare Ruf – vor allem der Eselhengste – kann als Anpassung an den Lebensraum mit grossräumigen Territorialgebieten verstanden werden. Die Lautstärke des Rufens führt bei Eselhaltungen in dicht besiedelten Gebieten in der heutigen Zeit häufig zu Problemen mit Anwohnern.
Die Stutengruppen, auch Mutterfamilien genannt, setzen sich aus bis zu zehn, meist verwandten Tieren zusammen. Es werden keine Haremsgruppen (ein Hengst mit seinen Stuten) gebildet wie bei Pferden, da der fortpflanzungsaktive Eselhengst meist solitär, das heisst allein lebt. Junge Hengste schliessen sich zu separaten Gruppen zusammen. Locker strukturierte Eselherden mit zeitweilig bis zu fünfzig und mehr häufig wechselnden Tieren (Stuten und Hengste) sind ebenfalls zu beobachten.
Eine konstante Bindung besteht primär zwischen der Stute und ihrem Saugfohlen und endet meist mit der Geburt eines neuen Fohlens. Zwischen den adulten Stuten gibt es im Gegensatz zum Pferd keine deutlich ausgeprägte Rangordnung. Adulte Eselhengste zeigen untereinander hingegen ein deutliches Dominanzgebaren. Sie verteidigen ihre Territorien; auch Stuten sowie Jungtiere werden von ihnen dominiert.
In Eselhaltungen bilden nicht zur Zucht verwendete Stuten und Wallache nach Möglichkeit innerhalb einer Gruppe feste, langjährige «Freundschaften». Vorsicht und Bedacht ist bei der Integration von neuen Tieren in eine bestehende Gruppe geboten. Wichtig ist ein möglichst gut strukturiertes Raumangebot mit ausreichend Ausweichmöglichkeiten.
Eselhengste haben ein natürliches Aggressionspotenzial, ihre Haltung ist nicht einfach. Die Haltung von mehreren Hengsten in derselben Gruppe führt meist zu erbitterten Auseinandersetzungen, und auch gegenüber Stuten zeigen Hengste ein ausgeprägt aggressives Verhalten. Da erwachsene Eselhengste in freier Wildbahn solitär leben, sollte eine Vergesellschaftung von Eselhengsten nicht praktiziert werden.
Abbildung: Somali-Wildeselstute (Subspezies des Afrikanischen Wildesels) mit Fohlen im Basler Zoo. Vom Aussterben bedroht. Heutiges Hauptverbreitungsgebiet Äthiopien und Somalia (Bild: Zoo Basel). Leitfaden zur Haltung von Eseln
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