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Der nachfolgende Artikel basiert auf einem Web-Vortrag von Judith Schmidt und wurde mir ihrer freundlichen Genehmigung von der Redaktion für die "Eselpost" zusammengefasst.
Text: Manuela A. Affolter
Der Esel ist kein heimisches Tier, er stammt aus Geröll- und Steinwüsten in südlicheren Ländern und das Wetter in unseren Breiten- graden bereitet ihm daher zum Teil Probleme. Mit Kälte kann er durchaus umgehen, auch in seinen Herkunftsländern kann es in der Nacht kalt werden, Schnee kennt er hingegen eher weniger. Bei uns ist es für ihn deshalb oft zu nass und dem müssen wir Rechnung tragen.
Nasses Wetter und (Regen)decken Grundsätzlich muss man Esel im Winter nicht in Watte packen. Ihr Fell schützt sie gut gegen Kälte und wenn ihnen ein trockener Platz zur Verfügung steht, wo sie sich unterstellen können, ist eine Decke bei gesunden Tieren nicht unbedingt nötig. In der Regel mögen Esel keinen Regen. Es gibt jedoch Tiere, die sich gerne über längere Zeit in den Regen stellen und da empfiehlt es sich dann doch, diese einzudecken, denn ihr Fell ist nicht wasserabweisend. Zudem haben die wenigsten Esel Wirbel im Fell, die das Ablaufen des Wassers ermöglichen. Der Aussenbereich sollte befestigt sein, damit die Tiere bei nassem Wetter nicht
im Matsch stehen. Dazu eignen sich Steine, Kunststoff oder auch andere Untergründe. Was man wählt, hängt auch immer vom persönlichen Budget ab. Es sollten jedoch nicht unbedingt Holzsschnitzel sein. Diese sind zwar preiswert, halten aber nicht lange, vergammeln und sind nicht gut zu misten.
Esel lassen sich auch gerne mal einschneien und empfinden dies draussen nicht als unangenehm, weil der Schnee bei kalten Temperaturen nicht bis auf die Haut eindringt. Sobald sich die Tiere jedoch im Stall aufhalten, schmilzt der Schnee und das Fell wird nass. Indem man immer wieder ins Fell greift, kann man kontrollieren, ob die Nässe bis auf die Haut durchdringt. Wenn ja, muss der Esel tro- cken gerubbelt oder allenfalls auch mit dem Haarfön getrocknet werden.
Eselfohlen kommen in der Regel im Frühjahr / Sommer zur Welt. Werden Fohlen im Winter geboren, muss bei ihnen besonders darauf geachtet werden, dass sie nicht nass werden und vor allem nicht bei eisigem Wind, da sie sehr schnell unterkühlen.
Vor dem Anziehen einer Decke muss das Fell sauber sein und einmal pro Tag muss sie ab- genommen werden, damit das Fell begutachtet und gebürstet werden kann, was die Durchblutung anregt. Regendecken sollten immer leicht gefüttert sein. Ohne Futter wird der Esel zwar nicht nass, friert aber unter der Decke, denn sie drückt das Fell, also das Wärmepolster des Esels, zusammen und es kann nicht mehr richtig funktionieren. Durch regelmässiges Greifen unter die Decke und Abtasten der Wirbelsäule kann geprüft werden, ob der Esel warm hat. Die Innensei te der Decke sollte glatt sein, kein Vliesfutter. Letzteres zieht Heu und Dreck an und ist fast unmöglich sauber zu halten, wodurch Scheuerstellen vorprogrammiert sind. Die im Handel erhältlichen Decken sind für Pferde. Bei Verwendung einer Pferdedecke empfiehlt sich für Esel erfahrungsgemäss eine Grösse kleiner zu wählen als angegeben. Beträgt zum Bespiel das Mass des Tieres von Widerrist bis Schwanz 135 cm, sollte man sich für die Deckengrösse 125 cm entscheiden. Zudem darf
der Halsausschnitt nicht zu weit sein, damit die Decke beim Bewegen oder Wälzen nicht nach hinten rutscht, wodurch sich das Halsteil auf den Widerrist verschiebt. Dies ist für das Tier unangenehm und es kann eine Druckstelle entstehen. Ist das Halsteil zu weit, kann es zusammengenäht werden oder mit Kabelbindern zusammengezogen werden. Die Auswahl an Decken ist gross, es empfiehlt sich aber in jedem Fall ein bisschen mehr zu inves- tieren, weil dann auch die Qualität besser ist. Bei Nichtgebrauch der Decken sollten sie nach Möglichkeit gut durchlüftet gelagert werden.
Esel benötigen im Winter im Stall keine Wär- melampe, ihr dickes Fell schützt sie in der Regel ausreichend vor der Kälte. Ein Versuch von Judith Schmidt zeigte, dass sich kein Esel unter der angebrachten Wärmelampe auf- hielt, sondern alle drumherum standen, weil es ihnen zu warm war. In Ausnahmefällen, bei kranken, geschwächten Tieren kann der Einsatz einer Wärmelampe jedoch durchaus Sinn machen.
Der Winter ist für Esel eine kräftezehrende und harte Zeit, weshalb die Futtermenge in dieser Zeit auf 2–3 kg Heu pro Tag pro 100 kg Esel erhöht werden darf, gegenüber 1–3 kg während den wärmeren Jahreszeiten. Die genaue Menge hängt sowohl von der Grösse des Esels und der Qualität des Heus ab als auch von der Aktivität des Esels. Zudem sollten übergewichtige Esel nicht in der kalten Jahreszeit auf Diät gesetzt werden. Damit muss bis zum Frühling zugewartet werden.
Im Winter sind Esel passiver als sonst, man unternimmt weniger mit ihnen und sie stehen mehr im Stall herum, wodurch Langeweile aufkommt. Durch das Verteilen der Tagesration auf vier bis fünf Mahlzeiten pro Tag, anstelle von vielleicht dreimal täglich, haben die Tiere mehr Beschäftigung. Heunetze eignen sich für die Fütterung im Winter sehr gut, weil die Esel durch das Herauszupfen des Futters länger beschäftigt sind viele lieben das Zupfen. Das Füttern in kurzen Intervallen beugt zu- dem Magengeschwüren vor, die bei Esel und auch Pferden sehr häufig vorkommen und vom Besitzer oft gar nicht wahrgenommen
werden. Zwischen zwei Mahlzeiten sollten generell nicht mehr als 7–8 Stunden liegen, denn der Esel produziert laufend Magensäure und wenn der Magen über längere Zeit leerläuft, kommt es schnell zu Magengeschwüren.
Viele Menschen füttern während des Winters die Vögel. Dieser Futterplatz sollte sich nicht im Bereich der Esel befinden, da diese sonst mit Begeisterung die herunterfallenden Kerne (Sonnenblumenkerne usw.) fressen, wodurch sie rasch an Gewicht zunehmen.
Als Zusatzfutter im Winter empfiehlt Judith Schmidt neben dem während des ganzen Jahres verabreichten Mineralfutter, Hafer (ganzes Korn oder frisch gequetscht), Luzerne (Pellets), Leinöl. Bei den Mineralien gibt es verschiede- ne Anbieter und wichtig ist, dass sie den Eseln schmecken, was nicht bei allen angebotenen Produkten der Fall ist. Wenn man Hafer gequetscht abgeben will, sollte man ihn idealer- weise selbst quetschen. Gequetschter Hafer ist zwar im Handel erhältlich, wird aber sehr rasch ranzig. Das Leinöl ist als eine sechs- bis achtwöchige Kur gedacht und nicht für den ganzen Winter. Das kaltgepresste Leinsamenöl, ca. 15 ml (entspricht etwas mehr als einem Esslöffel), kann dem restlichen Zusatzfutter im Becken zugemischt werden und ist gut für Haut, Hufe und Fell. Es fördert zudem das Wachstum des Winterfells. Die Luzerne-Pellets wie auch die anderen erwähnten Zusätze, enthalten viel Eiweiss, geben aber Energie ab, die dem Esel im Winter sehr gut tut. Für übergewichtige Esel und Tiere, die zu Hufreheneigen, sind sie hingegen tabu.
Als kleines Extra kann den Eseln in ihrer Winterschlüssel noch eine kleine Scheibe Banane oder wenig Karotten, Äpfel, Mandarinen oder Orangen oder auch Randen beigefügt werden.
Zum Aufpäppeln von mageren oder kranken Tieren eignen sich Heucobs, die jedoch nur eingeweicht verfüttert werden dürfen, weil sie sonst im Magen aufquellen. Die Einweichdauer variiert je nach Hersteller und sie können im Winter gut mit warmem Wasser angerührt werden. Holz darf man Eseln unbegrenzt zur Verfügung stellen. Es muss nicht wie anderes Futter über den Tag verteilt oder rationiert werden. Bei der täglichen Futtermenge muss es jedoch miteinkalkuliert und dementsprechend die Heu- oder Strohration verringert werden. Als Futterhölzer eignen sich Esche, Weide, Buche, Hasel. An den Haselstauden darf es jedoch nicht zu viele und vor allem keine unreifen Nüsse haben. Alles Holz sollte nicht gespritzt oder behandelt sein. Mit Beginn der kalten Jahreszeit neigen Esel oft dazu, auch die Stalleinrichtung auf den Speiseplan zu setzen. Deshalb sollte alles, was nicht angeknabbert werden darf, mit Metall- leisten abgedeckt werden.
Eine Leibspeise von Eseln sind im Herbst welkende Brennnesseln, Brombeeren und auch Disteln. Diese mögen sie sehr und können sie verzehren, ohne sich dabei zu verletzen.
In der Winterzeit fressen Esel sehr gerne Tan- ne und Fichte. Diese beiden Nadelhölzer muss man jedoch kennen, damit nicht unwissentlich Eibe verfüttert wird, die für Esel giftig resp. tödlich ist. In Bezug auf das Tränken der Tiere eignen sich Eimer in der Regel besser als Selbsttränken. Erstens trinken Esel in der Regel nicht gerne aus Selbsttränken, sei es wegen dem Sprudeln, wenn das Wasser nachläuft, oder aus hygienischen Gründen. Und zweitens frieren diese im Winter schneller ein. Gefrorenes Wasser sollte nicht einfach durch aufklopfen des Eises wieder trinkbar gemacht, sondern durch Hineingiessen von heissem Wasser aufgetaut werden, wodurch es auch wärmer wird. Kaltes Wasser ist für Esel auch im Sommer nicht zu empfehlen. Sie bevorzugen lauwarmes Wasser und es ist besser für ihre Gesundheit.
Die Entwurmung ist auch im Winter ein The- ma, denn in dieser Jahreszeit sind Esel häufig von Dassellarven befallen. Am besten macht man über drei Tage eine Sammelkotprobe und lässt diese vom Tierarzt untersuchen. Erweist sich eine Entwurmungskur als notwendig, empfiehlt es sich, zwei Wochen nach der Verabreichung des vom Tierarzt verordneten Medikaments nochmals eine Kotprobe untersuchen zu lassen. So kann kontrolliert wer- den, ob das Mittel gewirkt hat oder, ob sich die Würmer allenfalls noch vermehrt haben. Dies kann bei einer Unterdosierung der Fall sein oder auch wenn das entsprechende Tier eine Resistenz entwickelt hat.
Alle Eselhalter wissen, dass ein Esel immer staubt. Dass man Esel im Winter nicht zu viel bürsten sollte, damit das körpereigene Fett und die Unterwolle nicht rausgebürstet wird, ist ein Ammenmärchen und so nicht richtig. Die Fellpflege ist während des ganzen Jahres wichtig, sie regt die Blutzirkulation an, und Esel bilden im Gegensatz zu Schafen und Zie- gen auch keine Unterwolle.
Im dicken Fell fühlen sich im Winter Parasiten wohl, begünstigt durch das feuchte Wetter. Wenn es den Esel juckt, muss mit dem Tierarzt in jedem Fall zuerst abgeklärt werden, ob es sich wirklich um Parasiten wie Läuse und Haarlinge handelt oder, ob es allenfalls ein Hautpilz ist, oder gar beides zusammen. Gegen Hautpilz kann man inzwischen impfen, der hohe Preis und die Tatsache, dass diese nicht in jedem Fall wirkt, schreckt aber viele Eselhalter ab. Hat ein Tier aber wirklich einen Hautpilz kann sich ein Versuch lohnen. Das Schamponieren von Eseln ist während der kalten Jahreszeit nicht zu empfehlen, da das Fell schlecht trocknet. Im Notfall müsste man das Tier scheren, schamponieren und dann mit einer Decke eindecken. Für das Scheren braucht man in jedem Fall eine Schafschermaschine, da andere Maschinen nicht durch das dicke Fell kommen. Ebenso wie die Fellpflege muss auch die Hufpflege im Winter regelmässigvorgenommen werden. Der Hufschmied, Hufpfleger, Huftechniker oder Huforthopäde sollte sich die Hufe während dieser Zeit eben- so regelmässig anschauen wie im Sommer. Sie wachsen zwar langsamer, oft setzt ihnen aber das feuchte Wetter zu. Schnee hat aber durchaus auch seine gute Seite, denn er reinigt die Hufe.
Esel brauchen auch im Winter Beschäftigung, damit sie nicht den Winter-Blues bekommen. Sie tollen sehr gerne im Schnee herum und diese Freude sollte man ihnen nach Möglichkeit bieten. Alte Motorradreifen eignen sich sehr gut als Spielzeug und zum Tauziehen. Damit können sich die Tiere gut eine halbe Stunde beschäftigen. Auch Zirkusnummern kann man gut im Winter einüben. Schneewanderungen bei tollem Winterwetter machen sowohl dem Eselhalter wie auch den Eseln Spass. Vorsicht ist jedoch bei (ver- steckten) Eisflächen geboten. Die Tiere sollten immer über den griffigen Schnee geführt werden, da sie schnell ausrutschen und sich etwas brechen können.
Judith Schmidt lebt mit ihrem Mann und ihren Eseln, Ziegen und Katzen in Belgien.
Sie ist Tiertrainerin, Autorin und Dozentin und hat zahlreiche Bücher rund um Esel und ihre Haltung veröffentlicht.